Politik=Frust?

Ja, es ist schon frustrierend mit der Politik -ob schwarz/gelbe Lobby Entscheidungen in Berlin, Minister Bingo in Niedersachsen, oder kommunale Ungerechtigkeiten und Fehlentscheidungen- Auf allen Ebenen entscheiden Politiker scheinbar nur nach eigenem Gutdünken, ohne Rücksicht auf bzw. Interesse an den Wünschen der Menschen, in deren Auftrag sie doch eigentlich in ihre Position gelangt sind.

„Politiker machen ja sowieso alle was sie wollen!“ oder „Ich gehe nicht mehr wählen, bringt doch eh nichts!“ Sätze die immer öfter ausdrücken, was überall Politikverdrossenheit heißt und von allen politisch Aktiven als ganz furchtbar bezeichnet wird. Allerorten wird dann auch darüber sinniert, wie diese böse Politikverdrossenheit bekämpft werden könnte. Ist ja auch übel, wenn die Auftraggeber so gar keinen Grund mehr sehen, Aufträge zu vergeben. Unser Wahlrecht sieht aber ja vor, dass auch wenn nur 50% aller Wahlberechtigten wählen gehen, das Ergebnis 100%ig scheint. Derjenige der also von der Hälfte aller Wahlberechtigten die meisten Stimmen bekommt, kann hinterher behaupten, die Mehrheit aller Bürger im Wahlbereich hätte ihn gewählt. Er fühlt sich also berufen, seine Entscheidungen als „im Sinne des Volkes“ zu erklären, dass er ja ein mehrheitlich gewählter Vertreter der Bürger ist. Schnell geht da das Augenmaas verloren, was denn nun tatsächlich im Sinne des Volkes ist. Wenn zu allem Übel dieser „Volksvertreter“ auch noch über Jahrzehnte seine Mehrheiten zusammen bringt, also keinen Grund hat um seine „Machtstellung“ im Wahlbereich gefährdet zu sehen, ist es mit dem Augenmaas dann endgültig vorbei. Es entwickelt sich so eine Art von „Arroganz der Macht“ die dazu führt, dass tatsächlich nur noch nach eigenem Gutdünken entschieden wird und die Idee, der Bürger könnte da womöglich ganz anderer Meinung sein, wird als unsinnig abgewunken.

Wie ich ja im vorherigen Artikel bereits beschrieben habe, ist diese „Arroganz der Macht“ in unserer Gemeinde besonders ausgeprägt, da hier seit eh und je eine deutliche CDU Mehrheit besteht. Wie das dann in der aktiven politischen Arbeit aussieht, möchte ich hier einmal beschreiben, dann fällt vielleicht auf, Frust besteht nicht nur auf Seiten derer die Politik beobachten…

Am gestrigen Abend fand also die Ratssitzung statt, in der unser Antrag auf Einrichtung eines Bürgerinformationsservices auf der offiziellen Gemeinde Homepage öffentlich behandelt wurde. Schon der Faktor Öffentlichkeit fiel aber flach, zum einen wussten die meisten Menschen in Scheeßel gar nichts davon, dass diese Ratssitzung überhaupt stattfand, denn der Hinweis auf diese Sitzung stand nur in der Tageszeitung und auch erst gestern Morgen, so dass diejenigen, die erst nach Feierabend Gelegenheit haben in die Zeitung zu schauen, zu spät davon erfahren haben. Zum anderen war ja nun unglücklicher Weise auch noch die „Schneewalze“ mit Namen Petra übers Land gezogen, was sicherlich auch dazu beigetragen hat, dass selbst die treuesten Ratsbesucher weg geblieben sind. Tatsächlich fand diese Ratssitzung also vor Null jawohl vor absolut keiner Öffentlichkeit statt. Einzig die beiden Vertreter unserer örtlichen Presse waren da, so dass also die Hoffnung besteht, dass wenigstens die Zeitungsleser etwas von dem Verlauf unserer Sitzung mitbekommen könnten. Nun ist es ja allgemein bekannt, dass Lokalpresse nur bedingt unabhängig und neutral berichtet, da Chefredakteure es sich ungerne mit den politischen Entscheidern verderben (Ausnahmen sind da leider wirklich die berühmte Bestätigung der  Regel und hier vor Ort eher selten) Die Mehrheitsfraktion hatte also keinen Grund, in irgendeiner Weise Bürgernähe zu demonstrieren oder wenigstens den Hauch von Interesse an echter politischer Diskussion und Entscheidungsfindung vorzutäuschen.

Die Mehrheitsfraktion hatte ja bereits beschlossen, dass unser Antrag abzulehnen sei, was grundsätzlich für alle Anträge die von den Oppositionsparteien kommen so ist. Der Ordnung halber trägt trotzdem jeder Antragsteller, also in diesem Fall ich als Fraktionsvorsitzende der SPD im Gemeinderat, seine Antragsbegründung vor. In normalen Ratssälen ist das die Gelegenheit, die Ratsleute mit Argumenten dafür zu gewinnen, einem Antrag zuzustimmen. In Scheeßels Ratssaal allerdings ist es nur der einzige Moment, in dem die Oppositionsparteien den Bürgern der Gemeinde zeigen können, dass sie auch noch da sind und das sie auch Anträge stellen. Wenn allerdings keine Bürger da sind, die das hören, dann ist es einfach nur eine alberne Scharade. Ich habe mir wirklich sehr lange und gründlich überlegt, wie es wohl gelingen könnte, wenigsten vereinzelte CDUler zu erreichen, so dass sie vielleicht wirklich einmal nach Gewissen und nicht nach Fraktionszwang abstimmen. Aber nein, der Fraktionsvorsitzende von denen ist sogar allen Ernstes ans Rednerpult getreten und hat den gleichen Blödsinn erzählt wie vorher bereits in nicht öffentlicher Sitzung. Jetzt darf ich´s aber hier schreiben, ist ja öffentlich gesagt worden. Da war zum einen der Vergleich mit Stuttgart21: „Da hat man doch gesehen, dass wenn Bürger die Möglichkeit bekommen mit zureden, ja nur die Schreihälse aus ihren Löchern kriechen und diejenigen die dafür sind hört dann keiner mehr!“ Das nannte er als Grund dafür, warum wir auch in Scheeßel vorsichtig sein müssen mit der Transparenz, denn auch hier würden ja immer nur die dazwischen schreien, die gegen etwas sind. Seine weitere Erklärung war, dass ja auch diese Art von Bürgerbeteiligung gar nicht mit der NGO (Niedersächsische Gemeindeordnung) zu vereinbaren wäre. Wir haben ja eine parlamentarische Demokratie und das heißt, dass gewählte Ratsleute entscheiden. Die Bürger nach ihrer Meinung zu fragen wäre aber ja Basisdemokratie und daher in unserem Rathaus überhaupt nicht erlaubt (er hatte auch schon einmal das Wort Verfassungswidrig gebraucht) Daher sei also unser Antrag schon aus rechtlichen Gründen abzulehnen.  Zur Erinnerung, es ging in unserem Antrag darum, die Informationsvorlagen, die vor einer Ausschusssitzung an die Ratsleute gesandt werden, damit die sich auf die Sitzungen vorbereiten können, auf der offiziellen Internetseite der Gemeinde Scheeßel zu veröffentlichen, damit die Bürger im Vorfeld einer öffentlichen Sitzung sehen, was denn überhaupt behandelt werden soll. Sinn und Ziel des Antrages war, dass diejenigen Scheeßeler die an einem bestimmten Thema interessiert sind, den Weg ins Rathaus finden und dadurch wieder Interesse für kommunal-politische Arbeit entwickeln. Diesem Ansinnen hat der Herr CDU Fraktionsvorsitzende ja in dieser öffentlichen Sitzung auch zugestimmt (mit Blick zum Pressetisch). Auch hat er groß verkündet, dass er unbedingt dafür ist, dass Scheeßels Bürger über Entscheidungen die im Rathaus getroffen werden informiert werden, aber eben erst, nachdem sie getroffen wurden.

Im Anschluss an seinen Beitrag, aus dem deutlich hervorging, dass er nicht auf ein einziges Wort von dem was ich gesagt hatte reagierte, sondern einfach nur irgendetwas sagen wollte, von dem er meinte, dass es die Ablehnung irgendwie begründen würde, haben dann noch einige der anderen Oppositionsmitglieder etwas dazu gesagt. Auch mein Fraktionskollege hat dann noch einiges an vernünftigen, sachlich korrekten und logisch nachvollziehbaren Argumenten gesagt. Er hat zum Beispiel darauf hingewiesen, dass doch die Situationen in denen bisher in Scheeßel überhaupt mal Bürgerprotest laut wurde, meist einfach nur fehlende Informationen als Ursache des Ärgers hatten. Ich bin sicher, dass spätestens da einige der CDUler gedacht haben „Ja stimmt, hätten die Leut damals gewusst, um was es überhaupt geht, sie hätten sich nicht so aufgespielt“… Aber egal, ob gute Argumente oder emotionale Reden, nichts bringt einen CDU Ratsherren oder eine CDU Ratsfrau dazu, gegen die Entscheidung von Bürgermeisterin und Fraktionschef zu stimmen. Einzig die Tatsache, dass einige der CDU Ratsleute fehlten bei dieser letzten Ratssitzung des Jahres, lassen die leise Hoffnung zu, dass sie für unseren Antrag stimmen wollten. So etwas passiert  nämlich im Rathaus in Scheeßel, wenn jemand von der Mehrheitsfraktion einen Antrag von Oppositionsseite gut findet, dann bleibt er eben von der entsprechenden Sitzung fern…

Ja, ich schreibe hier von dem Kommunalparlament einer kleinen Gemeinde. Der Art von Parlament, wo Parteipolitik wirklich überflüssig ist. Wo Politik noch an der Wursttheke mit den Politikern besprochen werden kann und wo jedes Mitglied dieses Parlamentes doch viel näher am Bürger sein könnte als in jeder anderen politischen Ebene….

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