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Deutschland wir haben ein Problem

Ja, da nutze ich sogar in der Überschrift schon dieses böse, verpönte und besonders für professionelle, positiv-formulierende, lösungsorientierte Kommunikatoren so absolutes No Go Wort „Problem“. Doch spätestens seit „Nach-Silvester-in-Köln“ finde ich das niedliche, Ärmel hoch krempeln und ^Wir schaffen das^ jubelnde „Herausforderung“ einfach total unangemessen.

Klar hat jeder irgendwie irgendeine Meinung, zu dem was da in der Silvesternacht allem Anschein nach eskaliert ist. Doch damit etwas eskalieren kann, muss es doch schon vorher immer wieder mal, vielleicht unterschwellig, leise und unbemerkt passiert sein. Logisch kommen jetzt die „hab ich es doch gleich gesagt, aber mich nennt ihr Besorgter Bürger oder Nazi“ ebenso in die Mitte „gehetzt“, wie die „och nu lass doch mal die Flüchtlinge aus dem Spiel, die tun sowas doch nicht, die wollen doch nur Schutz“ Heuler. Um politische Korrektheit bemühte Rechtsstaat-Verteidiger speicheln in die selben Mikrofone, wie die „scheiß auf Demokratie“ Schreihälse. Alles brüllt irgendwie durcheinander und der um Objektivität bemühte Normalo hängt dazwischen und sucht nach seiner Alufolie um daraus einen Hut zu bauen.

Wir schaffen das?!? Wer ist WIR und was schaffen überhaupt?

Ok, die „Herausforderung“ die eine sogenannte Flüchtlingskrise halt so mit sich bringt, scheint nun wirklich nicht gar so dramatisch, dass das nicht zu wuppen wäre. Im Gegenteil, mit klaren Regeln, ausreichend Wohnraum, vor allem mit genügend Verwaltungsleuten in den jeweiligen Behörden, sollte es doch für einen reichen Staat wie Deutschland eher nicht so schwierig sein, die Leute die aus den aktuellen Krisengebieten – bei denen wir als Nation ja nun nicht ganz und gar unbeteiligt daran sind, dass dort Krisen herrschen – zu uns fliehen aufzunehmen. Warum also dann dieses dramatisch daher kommende „Kriesen“ Geheule. Nun bin ich ja bekanntlich eher keine große Merkel-Versteherin, aber da hat die Frau doch Recht. 1-2 Millionen Menschen auf der Flucht, Schutz und Asyl bieten, das ist zu schaffen. Also finde ich, wenn ich im Rahmen meiner Möglichkeiten denke und bereit bin meinen Anteil an dem zu Schaffenden beizusteuern, sollte das zu schaffen sein. Wo liegt denn dann das Problem? Beim „WIR“ vielleicht, denn schließlich denken nicht alle wie ich und nicht alle haben den gleichen Rahmen an Möglichkeiten wie ich. Im Gegenteil, viele wollen ja nun auch gar nicht, dass WIR irgendwas schaffen, das zur Folge hat wieder mehr Fremde an unserem wohl gedeckten Esstisch sitzen zu haben. Sind wir nun eine Nation von Egoisten die nichts von ihrem Wohlstand abgeben wollen? Oder doch, wie ja wir selber von unseren Landleuten immer mal behaupten, alles Hitler-Ideologie verseuchte Fremdenhasser? Achtung! Da raschelt die Alufolie dann wirklich immer lauter ins Geschehen…

Ein Problem hat viele Väter und Mütter

Denke ich um einige Jahrzehnte zurück, erinnere ich mich an sehr unschöne Situationen, die ich selber erleben musste. Als Teenager zum Beispiel wurde ich von einer Gruppe Türken (oder waren es Kurden, ich kann die bis heute ja nicht auf den ersten Blick unterscheiden, aber beide fühlen sich zutiefst beleidigt, wenn sie verwechselt werden) verprügelt. Oder einige Jahre später, als ich nachts auf dem Heimweg von der Arbeit in einer Pizzeria die von einem Iraner und einem Iraker geführt wurde (bemerkenswert, weil zu der Zeit Iran und Irak im Krieg lagen und aus beiden Ländern Flüchtlinge in unser Land kamen), von irgendwelchen arabisch stämmigen alten Männern angemacht und als Schlampe beschimpft wurde. Nein, angezeigt habe ich nie jemanden, warum auch, die Polizei hätte doch eh nie etwas machen können. Ich habe noch viele Situationen erlebt, die meine tiefe Ablehnung gegen Männer aus dem arabischen Raum immer öfter bestätigt haben. Trotzdem, es gab auch gegenteilige Erfahrungen und mit den Jahren haben die mein Bild vom „Ausländer“ immer besser werden lassen. Daran hat sich auch nach den Silvester Geschehnissen nichts geändert. Doch was mir mit jedem Bericht dieser Tage immer klarer scheint, es wird nicht gelingen irgendwas zu schaffen, denn was ich als Rahmen meiner Möglichkeiten bezeichne reicht nun einmal nicht. Es genügt auch nicht, an der Flüchtlingsthematik herum zu schrauben. Es wird überhaupt nichts bringen, politisch korrekt formulieren zu wollen oder jeden der das nicht tut als Rechts-außen abzustempeln… Wenn wir uns alle nur feste genug die Hände vor die Augen halten, verschwindet das Problem eben nicht. Es ist schließlich nicht ein bestimmtes Ding, konkret benannt und damit lösbar. Es sind ganz viele verschiedene „Herausforderungen“ die es überhaupt als Teile des Problems zu lösen gilt. Gebaut haben wir alle gemeinsam daran, dass das so viele hässliche Puzzleteilchen  gibt, die uns gerade um die Ohren fliegen.

Schärfere Gesetzte ohne Gesetzeshüter? Was für ein Quatsch!

Nach vielen Monaten „politisch korrekter“ Streiterei der jeweiligen politischen Garde, jetzt also ganz schnell, ganz viele total wichtige Verschärfungen von Gesetzen? Es soll die ganze Härte und sofortige Abschiebung und … was weiß ich noch an „der neuen Situation angepassten“ Regelungen geben. Doch tatsächlich klingen für mich diese ganzen neuen Entscheidungen sehr nach den Forderungen, die bis Silvester noch lediglich als „Rechts-populistisches Gedankengut“ verpönt waren. Noch weniger erschließt sich mir der Zusammenhang zu „Silvester am Kölner Bahnhof“. Ok, inzwischen scheint sich immer mehr zu bestätigen, dass es tatsächlich junge Männer aus arabisch sprechenden Ländern waren. Was sich allerdings auch langsam immer mehr ans Tageslicht arbeitet, da gibt es seit Jahren in Köln und anderswo einen Haufen Ärger, mit vorwiegend aus Morocco stammenden jungen Männern. Viele sind irgendwie auch gar nicht alle mit der „Flüchtlingswelle“ der Kanzlerinnen-Einladung ins Land geschwappt, sondern schon Monate vorher hier negativ aufgefallen. Frustrierte Polizei Beamte stellen fest „Es bringt ja nichts, nehmen wir vorne einen fest, marschiert hinten lachend sein Kumpel ungestraft aus dem Gerichtsgebäude…“. Also doch die Lösung „Schärfere Gesetze“? Wer soll aber dann darauf achten, dass diese „schärferen Gesetze“ auch befolgt werden? Die Hüter unseres Rechtsstaates sollte ja die Polizei sein, blöd wenn dann aber genau diese Gesetzeshüter immer weniger Ressourcen haben personell und materiell, aber immer mehr Aufgaben und Verantwortung. Gleiches übrigens bei der Bundeswehr, die längst keine Bundes-Wehr mehr ist, sondern in allen möglichen Kriegs- und Krisengebieten unterwegs ist. Dabei aber „verschlankt“ und den Spar-Zwängen dienend auf Minimum reformiert wurde. Also an allen Fronten ob innere oder äußere Sicherheit, diejenigen die dafür sorgen sollen (und ja wenn sie könnten wie sie wollten auch gerne wollen), wurden unter verschiedenen CDU geführten Regierungs-Konstellationen immer mehr in die Handlungsunfähigkeit gespart. Ganz nebenbei frage ich mich auch, was ständig neue Entscheidungen im Bundesparlament bringen sollen, wenn manch eben erst beschlossenes noch nicht einmal lange genug entschieden war, um es umzusetzen. Kaum hört der interessierte „Livestream-Debatten-Verfolger“ auf Phönix was beschlossen wurde, schon ist vor den Tagesschau Kameras ein (meist Bundes-Innen-) Minister dabei, neue Regelungen zum selben Thema zu fordern oder sogar zu erklären. Oder es haben sich endlich alle drei Regierungsparteien auf ein Vorgehen geeinigt, schon findet sich (meist in Bayern) ein Kommentator dieser drei Parteien, der etwas ganz anderes jetzt und sofort fordert.

Thema verfehlt SETZEN 6!

„Bloß keinen Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise herstellen…“ schallt es seit Neujahr überall in allen möglichen Klangfarben, außer natürlich in der als „Braun“ klassifizierten. Doch schon dieser Ausruf brüllt einem doch genau diesen Zusammenhang direkt in den Kopf. Auch die „schärferen Gesetze“ sind alle darauf ausgelegt, um Asyl „bittende“ im Zuge des Flüchtlingsstromes nach Deutschland eingewanderte Straftäter härter bestrafen zu können. Tatsächlich könnten die bestehenden Gesetze doch absolut ausreichen, die bisher bekannt gewordenen Straftaten massiv und nachhaltig zu ahnden. Auch glaube ich kaum, dass deutsche Gerichte die geltenden Gesetze bei „nicht-deutschstämmigen“ Angeklagten anders anwenden, als auf deutsche Straftäter. Warum müssen jetzt also die Gesetze verschärft werden, die allesamt nicht im Ansatz mit den begangenen Straftaten, sondern ausschließlich mit der Herkunft und dem Aufenthaltsstatus der vermutlichen Täter zu tun haben? Hübsch vorne hui (bloß nicht ins PEGIDA DEUTSCH geraten) und hinten pfui (aber irgendwie müssen wir denen ja auch mal was geben, jetzt wo Die vielleicht die Mehrheitsmeinung vertreten könnten)? An der Tatsache, dass…

  1. die selben Straftaten in anderen Zusammenhängen von vorwiegend deutschen Besoffenen verübt, meist als Kavaliersdelikte im Eifer des Gefechts abgetan bzw. von den Opfern gar nicht angezeigt werden.
  2. die aktuell als Täter identifizierten jungen Männer, einer „Gruppierung“ zugeordnet werden, die bereits lange bevor sich so viele Menschen gleichzeitig als Flüchtlinge in Deutschland eingefunden haben, als gefährliche Gruppierung gezeigt hat. Junge Männer, die bereits seit Jahren unterwegs nach Europa und schlussendlich dann Deutschland waren. Die sich also schon sehr lange nicht mehr von irgendjemandem irgendetwas haben vorschreiben lassen. Die keinerlei Erziehung durch wen auch immer bekommen haben. Die sich im wahrsten Wortsinne durch gekämpft haben… Diese jungen Männer werden sich übrigens an keines unserer Gesetze halten, weil sie nie gelernt haben, dass Regeln zu befolgen sind. Die Konsequenzen, die wir mit deutschem Recht androhen können, sind grundsätzlich nicht schlimmer, als das was die hinter sich gelassen haben. Denen kommen wir mit härteren Strafen nicht bei.

… liegt die jetzt in allen Parlamenten ausgebrochene „Gesetzes-Verschärfungswut“ doch sicherlich nicht, oder? Es ist auf jeden Fall kein Zusammenhang zu erkennen, zu dem was wirklich passiert ist.

Ich gehe dann jetzt mal Alufolie suchen und bau mir einen Hut draus, bevor ich hier noch irgendwelche Theorie von Verschwörung und Co. initiiert von bösen Mächten aus welcher Galaxie – ob rechts oder links der Hemisphäre – auch immer… oder waren es doch die Amis… die Presse es muss die Presse gewesen… oder Merkel? Ja die ganzen Politiker, oder doch nur die Regierung…. oder …. oder … Alu Rascheln Mütze bauen… 😉

ps: das Beitragsbild ist einer der Patches die ich auf einer Lederweste in jungen Jahren getragen habe… schien mir irgendwie passend, auch wenn ich mich natürlich heute nicht mehr … obwohl… Alu Raschel…

Niedersachse, Du hattest die Wahl

Na das war doch mal ein Krimi, die Landtagswahl von Niedersachsen am 20.01.13 scheint in die Geschichte eingehen zu wollen. „To close to call“ das hatten wir doch erst im November bei den US Wahlen, aber selbst da hat sich dann doch noch ein eindeutigeres Ergebnis herausgestellt, als hierzulande. 

Foto Guido Menker, Rotenburger Kreiszeitung

Foto Guido Menker, Rotenburger Kreiszeitung

Ob es wirklich für alle Niedersachsen ein Krimi war, wage ich zu bezweifeln. Es haben zwar ein paar Wähler mehr den Weg ins Wahllokal gefunden und auch die ungültigen Stimmzettel waren dieses Mal weniger, doch insgesamt sind immer noch 40% aller Wahlberechtigten anscheinend der Meinung, es geht sie nichts an. Mich macht das ratlos, denn über politische Entscheidungen schimpfen können doch auch alle. Von einigen höre ich dann, es gäbe keine Partei die wählbar wäre… Das lässt sich doch schnell als Ausrede enttarnen, denn inzwischen gleicht so ein Wahlzettel ja einem umfassenden Wunschzettel der sämtliche politischen Windrichtungen abbildet. Elf Parteien! Mindestens fünf davon auch mit einem Direktkandidaten, somit also auch direkten Ansprechpartnern für jene, die das Gebilde Partei nicht so richtig greifen können und sich lieber an Personen orientieren. Wer also verstanden hat, dass „die Wahl haben“ ein großartiges demokratisches Mittel ist, seine eigenen Interessen zu bekunden, der konnte mit diesen Direktkandidaten das Gespräch suchen, um zu klären wer seine Interessen am ehesten im niedersächsischen Landtag vertreten könnte. Inzwischen sind ja auch viele der zur Wahl Stehenden in den Sozialen Netzwerken zu finden und zum Dialog im Internet bereit. Doch tatsächlich wird auch dieses bequeme Mittel zur eigenen Meinungsbildung nicht genutzt, sondern mit dem Spruch „lass mich doch mit eurer sch..ß Politik in Ruh!“ abgelehnt. Kann es sein, dass so viele wahlberechtigte, dem Alter nach mündige Menschen noch immer nicht begriffen haben, dass Politik nur solange von den vermeintlich Falschen gemacht wird, wie sie sich weigern zur Wahl zu gehen und ihre Stimme den „Richtigen“ zu geben?

Wechsel geschafft, wenn auch „nur“ mit einer Stimme Mehrheit

Ok, den Frust über „Wahlverweigerer“ musste ich mir mal schnell von der Seele schreiben. Doch tatsächlich darf ich mich als Sozialdemokratin ja freuen, habe ich doch selber sehr aktiv für den Regierungswechsel gekämpft und gearbeitet. War ja wirklich eng. Doch gar so ungewöhnlich und einmalig war das ja nicht. Ich erinnere mich noch gut an die letzte Niedersachsen Wahl. Nein, damals waren wir hier eindeutig und schon bei der ersten Prognose weit abgeschlagen. In Hessen wurde aber ebenfalls gewählt und während wir in NDS ganz unglücklich über unsere eigenen Ergebnisse waren, schien die SPD in Hessen die Wahl gewonnen zu haben. Im Laufe der Nacht war dann aber doch der Herr Koch von der CDU als Ministerpräsident wieder gewählt. In Schleswig-Holstein und Nordrhein Westfalen hat sich die CDU auch am Morgen nach dem Wahlsonntag noch als Sieger gefühlt, heute regieren beide Länder Sozialdemokraten. In einigen Bundesländern konnten nur große Koalitionen aus SPD und CDU überhaupt regierungsfähige Mehrheiten bilden, weil die Wahlergebnisse keinen eindeutigen Wählerwillen erkennen ließen. Ja, wenn´s nach mir ginge, dann dürfte das Hamburger Ergebnis Schule machen. Um 18:00 Uhr am Wahlabend bereits zu wissen, dass noch nicht einmal Koalitionsverhandlungen nötig sein werden… hach war das toll.

Ein-Stimmen-Mehrheit fast schon normal

Für mich ist es schon beinahe Gewohnheit, dass es auf jede einzelnen Stimme ankommt, um Mehrheiten zu schaffen. Sowohl hier im Gemeinderat in Scheeßel, als auch im Kreistag von Rotenburg Wümme, haben die Gruppierungen abseits der CDU gerade mal eine einzige Stimme mehr. Das ist wirklich manchmal sehr anstrengend, denn jede Entscheidung gilt es sehr gründlich zu diskutieren, damit auch wirklich jeder guten Gewissens zustimmen oder ablehnen kann. Links vom politischen Spektrum ist Fraktionszwang absolut ausgeschlossen. Daher sind auch die Koalitionsverhandlungen bei uns so ausführlich und aufwendig, denn für die wichtigsten Themenbereiche müssen sehr klare Rahmen geschaffen werden, um nicht vor jeder anstehenden Entscheidung um jede Stimme in den eigenen Reihen kämpfen zu müssen. Auf CDU Seite wird das gerne als Fraktionsdisziplin bezeichnet, wenn bei Abstimmungen alle gleichzeitig den Arm heben. Oft genug erlebe ich aber, dass einzelne CDU Fraktionsmitglieder mit der Entscheidung für die sie da den Arm gehoben haben überhaupt nicht einverstanden sind und nur weil das so muss abgestimmt haben. In Ausschusssitzungen sind dann oft die Abweichler durch Linientreue vertreten, um sicher zu stellen das die Fraktionsmeinung einstimmig ausfällt. Im Kreistag haben wir mit den Grünen und der freien Wählergruppierung WFB eine Gruppe gebildet, um diese eine Stimme mehr zu haben. Die Gruppensitzungen sind trotz der sauberen Rahmenbedingungen des Koalitionsvertrages, manches mal hoch spannend. Es kommt auch vor, dass Themen zur Diskussion stehen, da haben wir innerhalb der SPD noch nicht einmal eine gemeinsame klare Meinung. Genau in diesen Themen ist es aber dann besonders wichtig, dass sachlich diskutiert und sauber argumentiert wird. Da kann sich keiner hinterher rausreden er hätte das nicht gewusst, oder er wäre sich der Konsequenzen dieser Entscheidung nicht klar gewesen. Also kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass so knappe Mehrheiten -zumindest wenn die eine Stimme mehr auf der linken Seite steht- gut sind für demokratische Entscheidungsprozesse. Nichts wird einfach mal durch gewunken, nur weil man ja eh die Mehrheit sicher hat.

Der echte Wermutstropfen

Was es mir allerdings wirklich schwer macht, mich über den Regierungswechsel in Niedersachsen uneingeschränkt zu freuen, ist die Tatsache, dass wir hier im Landkreis sowie auch in den direkten Nachbarkreisen keinen einzigen SPD Landtagsabgeordneten mehr haben. Wahl gewonnen und doch verloren. Wie kann sowas passieren? Da gibt es viele Gründe. In jedem Wahlbereich kann nur ein CDU oder ein SPD Kandidat direkt in den Landtag einziehen. Das heißt, dass der Wähler gut daran tut, seine Erststimme nur einem der beiden Kandidaten von SPD oder CDU zu geben. Das Kreuz beim Grünen oder beim FDP Kandidaten zu setzen ist tatsächlich verschenkt, denn keiner von beiden hat je die Chance die Mehrheit aller Stimmen auf sich zu vereinen. Bei den CDU und FDP Wählern ist das verstanden worden, dort waren alle Erststimmen bei der CDU Kandidatin, nur die Zweitstimme die darüber entscheidet welche Partei mit wie viel Prozent in den Landtag gewählt wird, wurde -in diesem Fall etwas öfter als sonst- bei der FDP gesetzt. Ich verkneife mir an dieser Stelle mal diese ganze „Leihstimmen Lamentiererei“ schließlich hat die CDU davon mehr Schaden und wenn Wähler tatsächlich so überlegt ihr Kreuz setzen, ist das ja eher positiv zu bewerten. Wenn also die Erststimmen nicht ausgereicht haben, um direkt in den Landtag gewählt zu sein, liegt die Hoffnung auf der Liste. Monate vor der Wahl finden in allen Parteien die Kämpfe um den besten Listenplatz statt. Bei 84 Wahlkreisen Niedersachsen weit, bedeutet das 84 Kandidaten streiten darum, so weit wie möglich oben in der Liste zu stehen. Ich kann natürlich nicht beurteilen wie es bei den anderen Parteien in der Zeit der Listenaufstellung abgeht, aber ich vermute, dass es überall das gleiche Hauen und Stechen ist wie bei uns. Egal ob Kommunalwahl, Land- oder Bundestagswahl, das ist die Zeit, wo Taktierer und Netzwerker mehr zu sagen haben, als diejenigen die politisch gestalten und in der Sache arbeiten wollen. Ich selber hatte bei der letzten Gemeinderatswahl nur Glück, dass ich die Personenwahl für mich entscheiden konnte, über meinen Listenplatz wäre ich nicht mehr im Gemeinderat gewesen. Umgekehrt im Kreistag, dort hatte ich den Listenplatz zwei und somit war ich „über Liste“ drin. Für unsere Kandidaten hier im Elbe/Weser/Heide Bereich hat es leider nicht geklappt, sie auf die guten sicheren Listenplätze zu bekommen. Sie hätten also alle direkt gewählt werden müssen, um weiter in Hannover ihren Job zu machen. Nur ein Kandidat im Raum Nord-Niedersachsen hat das Direktmandat geschafft. So kommt es also zu Stande, dass wir zwar viele Menschen überzeugen konnten, die SPD oder die Grünen zu wählen, aber nicht genug dem einzelnen Kandidaten der SPD die Stimme zu geben. Bis zum 22.09.2013 müssen wir das also noch viel besser machen, denn dann geht es schließlich darum, wer unseren Kreis in Berlin vertritt. In den letzten Jahren haben wir die Erfahrung gemacht, dass unser Abgeordneter Lars Klingbeil sehr deutlich für unsere Themen hier im Landkreis einsteht und kämpft, was könnte er alles noch besser umsetzen, hätten wir die Regierung inne? Da wär´s doch zu und zu blöd, wenn die deren Interessen er da erfolgreich vertreten kann, ihm nicht ihre Erststimme geben, weil sie den Wert ihrer Stimme nicht verstanden haben.

Jede Stimme zählt, die Erststimme, die eine Stimme Mehrheit und auch die Stimme die nicht abgegeben wurde und somit verschenkt an denjenigen der die eigenen Interessen am wenigsten vertritt.

Alles nur Wahlkampf?

Kommenden Sonntag ist es also so weit, in Niedersachsen wird der Landtag neu gewählt. Im September dann Bundestagswahl und im nächsten Jahr werden hier Bürgermeister und Landrat neu gewählt. Irgendwie wird also immer irgendwo irgendein politisches Amt neu zu besetzen sein und daher zur Wahlurne gerufen werden. Das heißt doch dann auch, dass immer irgendwo Wahlkampf stattfindet, oder?

„Wahlkampf ist, wenn Politiker die Versprechen auf Plakate drucken, von denen sie genau wissen, dass sie die nicht halten werden!“ so oder so ähnlich wird ja gerne in Wahlkampfzeiten gelästert. Welche Partei da auch zur Wahl antritt, je näher der Wahltag kommt, desto lauter wird das „Säbelrasseln“ und keiner hört mehr darauf, ob womöglich wirkliche Sachaussagen, oder doch nur Wahlkampf Versprechen durch die Medien rauschen. Angeblich sind die Menschen ja total Politikverdrossen und überhaupt verstehen die ja auch gar nichts von dem was so ein wahlkämpfender Politiker so alles FÜR SIE tut…

Nach der Wahl ist vor der Wahl

War das nicht mal eine Aussage im Zusammenhang mit Fußball? Passt aber ja auf viele andere Bereiche. Für mich sollte das vor allem in der Politik bedacht werden, denn egal ob nun in die Regierung oder in die Opposition gewählt, ob vier oder fünf oder acht Jahre, die Arbeit die in diesen Jahren gemacht wird, muss doch mehr zählen, als die wenigen Wochen vor dem Wahltag. Was ich aber noch viel wichtiger finde, auch die letzten Wochen vor dem Wahltag sind politische Entscheidungen zu treffen, die oft lange über den Wahltag hinaus wirken. Nun ist mir in den letzten Wochen hier in Niedersachsen etwas aufgefallen, dass hat mich wirklich erschreckt. OK, ich mache ja schon seit einigen Jahren in diesem „Politzirkus“ mit und bin auch nicht so leicht zu erschrecken, vor allem in Wahlkampfzeiten. Wenn aber mit einem wirklich wichtigen Thema, in dem ich selber auch aktiv engagiert bin und daher weiß, dass es sich absolut nicht zum „Wahlkampf-Verwursten“ eignet, herumgezockt wird, dann fehlt mir jedes Verständnis. Wenn es zum Beispiel darum geht, schnell Entscheidungen zu treffen, um unser Trinkwasser vor der Gefährdung durch hochgiftige Chemikalien zu schützen, wie sie beim „Fracking“ [genauere Beschreibung hier] in die Erde gepumpt werden, um Erdgas zu gewinnen. Dieses Verfahren wird hier in unserer Region zwar schon seit Jahrzehnten angewendet, dass es aber wirklich hochgefährlich ist und sehr schnell zu dramatischen Konsequenzen führen kann, das ist uns hier erst vor wenigen Jahren klar geworden. Als nämlich Vorfälle bekannt wurden, bei denen der Chemiecocktail ins Erdreich verschwunden ist und viele Hektar Boden vergiftet wurden.  Nach und nach haben sich immer mehr Menschen mit der Frage beschäftigt, ob diese Art der Erdgasgewinnung wirklich so ungefährlich ist, wie uns immer erklärt wurde. Auch die politischen Vertreter verschiedener Parteien haben sich aufgemacht, dieses Verfahren genauer zu hinterfragen. Es wurden immer mehr Details klar, die gegen Fracking sprechen und mehr als einfach nur „Besorgnis erregend“ sind. Bürgerinitiativen haben sich gebildet, die -wie ich meine zurecht- von der Politik schnelle, klare Entscheidungen gegen das Fracking in der hier praktizierten Form fordern. Aus den Gemeinden in denen „gefrackt“ wird, kamen vor gut zwei Jahren Forderungen an den Landkreis, keine weiteren Fracking Maßnahmen in den jeweiligen Gemeindegebieten mehr zu zulassen, bis eindeutig geklärt ist, ob und wie gefährlich Fracking wirklich ist. Zur Erinnerung, die Bohrstellen befinden sich zum Teil sehr nahe an unseren Trinkwasser Reservoiren und die Stoffe die da ins Erdreich gepumpt werden sind hochgiftige Chemikalien. Die Folgen, sollte also von diesen Stoffen etwas in unser Trinkwasser geraten, sind enorm und nicht schnell mal wieder in Ordnung zu bringen. Die Forderung dieses Verfahren erst einmal zu stoppen und genauer zu untersuchen, ist also absolut nachvollziehbar. Als ich im November 2011 selber Kreistagsabgeordnete wurde, war das Thema Fracking schon längst auch im Kreistag heiß diskutiertes Thema. In der ersten Umweltausschusssitzung an der ich teilgenommen habe, wurde eine Resolution auf den Weg gebracht, die Umweltverträglichkeitsprüfungen und weitere Untersuchungen dieses Verfahrens forderte und den Stop aller Bohrungen bis zum Abschluss dieser Untersuchungen zum Ziel hatte. Auf Landes- und Bundesebene waren alle Abgeordneten aus unserem Landkreis aufgefordert, für die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu sorgen, die betroffenen Kommunen in die Entscheidungsprozesse ob und wo „gefrackt“ wird einzubeziehen. Unabhängig von der Partei für die er/sie steht, hat jeder dieser Abgeordneten in der regionalen Presse und bei Veranstaltungen rund um das Thema erklärt, dass er sich gegen Fracking in der aktuell praktizierten Form ausspricht und versichert, in Hannover oder Berlin entsprechend zu handeln. Tatsächlich wurde auch von SPD und Grünen entsprechende Anträge in Land- und Bundestag gebracht, zuletzt ein Moratorium gefordert, damit bis zum Abschluss der Untersuchungen nicht mehr gefrackt wird. Im Laufe des letzten Jahres sind immer mehr gefährliche Situationen bekannt geworden, von Leckagen an den Leitungen, bis hin zu einem Brand an einer Anlage, bei der eventuell auch radioaktive Stoffe freigesetzt wurden. Die Unternehmen die hier fracken haben in klassischer Salamitaktik nur die Probleme eingestanden, die schon bewiesen und nicht mehr zu leugnen waren und munter weiter gebohrt. Es wurde also immer deutlicher, dass hier nur ein Stop aller Bohrungen dazu führen kann, weitere Gefährdungen zu verhindern und vor allem die Unternehmen dazu zu bewegen, uns ernst zu nehmen.

Langer Rede kurzer Sinn

Bei der namentlichen Abstimmung im Bundestag zu dem Antrag von SPD und Grünen, hat sich der CDU Abgeordnete dieses Wahlkreises enthalten. Diese Enthaltung hat hier einen Sturm der Entrüstung -auch bei seinen eigenen Parteifreunden- ausgelöst. Soweit so unschön, wäre es ja schon schlimm genug aus reiner Parteipolitik heraus, in Berlin anders zu entscheiden als hier im Wahlkreis erklärt. Wir sind es hier auch schon aus den Kommunalparlamenten gewohnt, dass Anträge die nicht von der CDU gestellt wurden grundsätzlich und unabhängig vom Inhalt, geschlossen von der CDU abgelehnt wurden. Seine Erklärung allerdings, warum er sich bei diesem wichtigen Thema enthalten hat, die schlägt wirklich alles.  Denn nicht sachliche Argumentation oder persönliche Haltung haben ihn von der deutlichen Entscheidung im Sinne der Menschen hier vor Ort abgehalten. Seiner Meinung nach, war doch dieser Antrag nur Wahlkampf und deshalb konnte er nicht zustimmen. *räusper*

Stillstand weil Wahlkampf?

Es wird also munter weiter gebohrt, giftige Chemie in unsere Erde gepumpt und dabei riskiert, dass die Trinkwasser führenden Bereiche kontaminiert werden, weil ein Abgeordneter sich im Wahlkampf befindet? Mir ist bis dahin nie so deutlich aufgefallen, was tatsächlich in Wahlkampfzeiten passiert, wenn die amtierende Regierung keine Antworten und Lösungen auf die wirklich wichtigen Fragen und Sorgen der Menschen hat. Auch auf die Konzepte und Lösungsvorschläge die aktuell von SPD und Grünen zu Themen wie Rente und Daseinsvorsorge, Finanzmarkt Regulierung und Steuerbetrug so vorgelegt werden, gibt es im Moment nur die Reaktion „Alles nur Wahlkampf“. Nicht in der Sache argumentiert, keine inhaltliche oder nachvollziehbare Argumentation was denn die amtierenden Entscheider anders geschweige denn Besseres anbieten. Nur platte Sprüche. Tatsächlich hat es ja schon ein bisschen mit Wahlkampfzeiten zu tun, wenn gerade jetzt diese Konzepte und Pläne entstehen. Zum Teil liegen diese Pläne natürlich schon lang in der Schublade, darauf wartend, im Falle wieder die Regierungsverantwortung zu haben, umgesetzt zu werden. Viele Lösungsangebote entstehen aber sicherlich auch, wenn man zuhört und ernst nimmt, was die Menschen um deren Wahlstimme man so wirbt, sagen. Das sollte allerdings nicht nur in einigen wenigen Wochen vor der nächsten Wahl geschehen, sondern Teil des laufenden Geschäftes sein.

Also schnapp Dir die Abgeordneten deines Wahlkreises doch einfach mal, wenn nicht gerade die nächste Wahl ansteht und frag nach wofür er steht. Gib ihm deine Handlungsaufträge  und Lösungsvorschläge mit und fass unbedingt auch nach, wenn du nichts mehr von deinem Thema hörst. Merk dir vor allem, wer wie reagiert. Wer nur am Infostand und im Wahlkampf ein offenes Ohr für dich hat, der wird auch wenn er gewählt ist, nicht weiter an deine Interessen denken. Es gibt einfach noch viel zu viele Politiker, die sich darauf verlassen, dass du vergisst bis zum nächsten Wahltag. Jeder ist für die Politik verantwortlich und das nicht nur am Wahltag. 

 

Die Transparenz frisst ihre Kinder

Da sitzt er nun, der eigentlich junge Mann mit den weißen Haaren, in einem kleinen Raum mit abgeklebten Scheiben, in einer Botschaft in London. Neurotisch, Paranoid, vom Verfolgungswahn gehetzt schauend, so die Kommentare derer, die beim Convention Camp in Hannover das Skype Interview verfolgt haben. Julian Assange der Mann der „Transparenz“ zum wichtigsten Begriff weltweit gemacht hat. Seiner Überzeugung nach gibt es nichts, was nicht transparent öffentlich dargestellt werden kann. Genau er ist es, der eine Heidenangst davor hat, dass irgendetwas über ihn öffentlich wird… Heute zumindest.

Tatsächlich ist es gefährlich Transparenz zu „unbedingt“ zu leben, denn viele Informationen Schaden mehr als sie nutzen, wenn sie für jeden ungefiltert zugänglich sind. Es ist also wichtig genau zu überlegen ob das öffentlich machen der Information wirklich etwas nutzen kann. Es scheint unmöglich, unbedingte Transparenz zu schaffen, ohne das dabei Menschen zu Schaden kommen. Am Beispiel der Kriegsbilder mit denen WikiLeaks und damit Julian Assange zu dieser zweifelhaften Berühmtheit gekommen ist, wird das sehr deutlich. Wem hat es genutzt, dass diese erschreckenden Bilder/Filme öffentlich gemacht wurden? Der Plattform die das veröffentlicht hat auf jeden Fall. Dem Mann dahinter, im ersten Moment auch, denn dadurch wurde er zum „Rockstar der Internetwelt“. Für jemanden, der auf Berühmtheit Wert legt, sicherlich ein Erfolg. Doch zu welchem Preis sind diese „Erfolge“ zu Stande gekommen? Der Preis den Assange zahlt, ist dabei noch in meinen Augen in Ordnung, denn er hat ja auch einen Nutzen von der ganzen Aktion gehabt. Es gibt aber nun einmal eine Reihe von Menschen, die dafür zahlen müssen, ohne das sie Einfluss darauf hatten, weder auf das Geschehen selber, noch auf die Veröffentlichung. Die Soldaten im Kriegseinsatz, die eben nicht Krieg mit einem Computerspiel verwechselt haben. Die diese Einsätze verantwortungsbewusst und mit dem ihnen gegebenen Augenmaß gefahren sind. Mit den Informationen die da ungefiltert öffentlich gemacht wurden, sind ja nicht nur diejenigen an den Pranger gestellt worden, die „verantwortlich“ waren, sondern gleich alle miteinander. Assange meint, dies seien Kollateralschäden die akzeptabel sind, im Sinne der Aufklärung. Ich meine, wer gibt ihm das Recht darüber zu entscheiden? Nur der Ordnung halber: Wer mich kennt, oder auch wer diesen Blog hier öfter liest, weiß ich bin eine Kämpferin für transparente Informationspolitik. Wissen und Bildung sind für mich die wertvollsten Güter die es im 21sten Jahrhundert gibt und „Herrschaftswissen“ hat ausgedient! Es braucht aber sicher noch einiges an „Bildung“ bei vielen Menschen, damit echte Transparenz konsequent möglich wird. 

„Wenn du Transparenz predigst, musst du auch selber transparent arbeiten“ so Daniel Domscheid Berg zu Julian Assange. Dieser Satz könnte ebenso als Überschrift dienen, denn genau da liegt der Ursprung allen Transparenz Übels. Das heiße Spiel mit heißen Informationen, dabei haben sich auch andere oft die Finger verbrannt. Wer kann entscheiden, welche Information für wen richtig ist? Vor allem aber, wie viele Informationen müssen mit geliefert werden, damit Zusammenhänge verstanden werden? Können wir unserer heutigen Gesellschaft schon jede Information „zumuten“? OK, in meiner eigenen politischen Arbeit, kann ich das. Da bin ich ja sogar davon abhängig, dass ich alle Informationen bekomme, damit ich richtig entscheiden kann. Dafür bin ich natürlich auch bereit, mein Handeln und alles was im Zusammenhang mit meinen Entscheidungen steht transparent aufzuzeigen. Das genau ist es ja auch, warum ich sehr gründlich überlege, bevor ich handle. Ich stelle mir vorher die Frage, kann ich jeden Schritt meines Handelns später offen dokumentieren ohne Probleme zu bekommen? Tatsächlich stellt sich oft heraus, dass die Fälle in denen es dann doch Ärger gab, genau daran krankten, dass mir relevante Informationen fehlten.

Alles zu seiner Zeit!

Transparenz ist eine Zeitfrage. Diese Erfahrung macht ja auch die Piraten Partei aktuell immer wieder. Die Piraten werden gemeinhin ebenfalls als „Kinder der Transparenz“ gesehen, waren sie es doch, die allen „klassischen“ Politikern den Kampf angesagt haben, mit ihrer Forderung nach unbedingter Transparenz. Diese Forderung unterstütze ich sehr…ABER… Es bedarf eben einem wirklich guten Augenmaß zu entscheiden, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt wem transparent gemacht werden. Ist zum Beispiel eine Idee noch kaum geboren und wird sofort herausgerufen, stirbt sie doch noch in den Wehen. Strategie und Konzept sind nun einmal unumgänglich, damit aus Ideen auch Handeln werden kann. Gründlich durchdachte Strategien entstehen aber eben nur im „geschützten Raum“ und nicht öffentlich. Das „Wissen der Vielen“ ist sicher für einige Punkte einer politischen Entscheidung wertvoll und kann auch unpopuläre Entscheidungen auf breite Füße stellen. Besteht aber für eine Entscheidung Zeitdruck, dann kann Transparenz im laufenden Prozess nun einmal nur schaden. Wenn Entscheider mehr Zeit damit verbringen, Zusammenhänge zu erklären, damit der aktuelle Stand ihrer Entscheidungsfindung für jeden nachvollziehbar ist, dann haben sie nicht mehr die nötigen Ressourcen selber alle relevanten Informationen zu bekommen und zu verarbeiten, die es für die beste Entscheidung braucht. Diese Erfahrung machen eben die „Kinder der Transparenz“ gerade, denn in den simpelsten Entscheidungsprozessen verzetteln sie sich in Diskussionen die meist weit an der Sache vorbei im „ich will auch noch mal was Schlaues sagen“ Nirwana enden.

Macht und Transparenz

Zwei Begriffe, die sich gegenseitig ausschließen? Offensichtlich nicht, denn Julian Assange hat ja eine gewisse Macht erlangt, damit das er Informationen öffentlich gemacht hat. Doch ist das wirklich das Ziel aller Transparenz Forderungen? Ich meine nein… Ziel muss doch sein, dass eben diejenigen die diese Informationen „produzieren“ auch für deren transparente Weitergabe verantwortlich sein müssen. Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen, dass ist für mich das „Zauberwort“ das hinter dem imaginären Transparenz Begriff steht. Macht erlangen damit, Informationen über andere öffentlich zu machen, dass ist doch warum die Presse als „Die viere Macht“ bezeichnet wird. Investigativer Journalismus wäre ja vom Aussterben bedroht, wenn alle und jeder immer alles ganz und gar von sich aus öffentlich macht… ach?!?

Noch ein Transparenz Opfer?

Ja, die Presse ist eben auch eines der „Kinder der Transparenz“. Lebt guter Journalismus doch davon, Informationen zu Tage zu fördern und öffentlich zu machen, die andere vielleicht gerne geheim oder wenigstens noch ein wenig länger nicht öffentlich gehalten hätten. Welche Daseinsberechtigung haben Journalisten denn noch, wenn alles immer transparent kommuniziert wird? Sind sie dann nur noch „Aufbereiter vorhandener allgemein bekannter Informationen“? Vielleicht ist es aber einfach auch nur ein wenig umständlicher, investigativ zu arbeiten. Denn noch gibt es ja genug „Leichen in den Kellern“, wenn diese dann mit so vielen Informationen überlagert werden, dass keiner sich mehr die Mühe macht durch all diese Transparenz zu buddeln. Da ist dann ja noch für lange die Spürnase mit dem richtigen Instinkt für echte Nachrichten gefragt…

Der Maja Kalender hat ja vielleicht das gemeint

Das Ende der Welt, die von Glauben bestimmt wird. Aller Orten hört man die und der haben ein „Glaubwürdigkeitsproblem“ oder „Wir müssen an unserer Glaubwürdigkeit arbeiten“ und eben „Mit Transparenz werden wir wieder glaubwürdig“. Ja, die Menschen glauben eben nicht mehr alles. Doch wird Politik zum Beispiel glaubwürdiger bzw. Politiker, wenn sie alle Informationen offen kommunizieren? Glaubt der echte Verschwörungstheoretiker denn, dass der transparent daher kommende Politiker die Wahrheit sagt? Vor allem, was ist denn jetzt die „Wahrheit“? Es gibt in vielen Themen ja einige Wahrheiten die je nach Blickwinkel unbedingt wahr oder falsch sein können. Also wieder die Frage, wer entscheidet denn nun, was die richtige allgemein gültige Wahrheit ist? Das ist, warum ich Mathematik so liebe… 1+1=2 egal ob es dabei rote, grüne, schwarze oder orange Zahlen sind, es führt immer zum selben Ergebnis. Warum ich meinen Mathe Lehrer weniger mochte als die Mathematik? Ganz einfach, er wollte von mir immer den richtigen Rechenweg wissen und hat sich nicht davon überzeugen lassen, dass es doch egal ist, wie ich zu dem Ergebnis gekommen bin, solange es das richtige Ergebnis ist. Vielleicht ist das ja, was aktuell so schwierig ist, besonders in der politischen Entscheidungsfindung. Jeder meint den richtigen Rechenweg zu kennen und verliert dabei aus dem Auge, dass doch das Ergebnis zählen sollte. Bei all der Diskussion über den Rechenweg wird aber genau das oft völlig verfehlt, das richtige Ergebnis.

Gesunder Menschenverstand und ein Gewissen machen Transparenz überflüssig

Mir scheint, wenn sich jeder in seinen Handlungen darauf besinnt, was ihm sein gesunder Menschenverstand und sein Gewissen sagen, wenn Entscheider auch die Verantwortung für ihre Entscheidung übernehmen müssen und vor allem, wenn jeder für sich selber Verantwortung übernimmt, dann wird die ganze „Transparenz Debatte“ wesentlich leiser werden. Wenn das Rauschen leiser wird, so das eben auch geschützte Räume dazu führen, dass jeder seine eigenen Gedanken „hören“ und zu Ende denken kann, wenn also alle Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst werden bevor entschieden wird, dann wächst diese Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen. Das genau ist meine Definition von Politik… Verantwortung übernehmen und zwar zuallererst einmal für sich selber, für das eigene Handeln, dann braucht auch keiner Transparenz zu fürchten und kann auch davon nicht gefressen werden.

Politik kann auch spannend sein

Ja, die angenehmste Seite der politischen Arbeit ist für mich, wenn Firmenbesichtigungen anstehen. Nicht nur das „Einblick in anderer Leute Arbeit“ bekommen, ist was mich daran so reizt. Vor allem lerne ich dabei immer auch eine Menge Neues dazu und dazulernen, dafür wird bekanntlich nie jemand zu alt 😉 Diese Woche zum Beispiel stand eine Besichtigung des Unternehmens „WeserWind“ in Bremerhaven an. WeserWind ist eine Tochter des Konzerns Georgsmarienhütte und produziert Offshore Windkraftanlagen. Falls jetzt jemand fragt: Offshore Windkraftanlagen stehen, viele Meter tief im Meeresboden verankert, in Nord- und Ostsee um ein vielfaches dessen an Strom zu produzieren, als die Windräder die an Land stehen. Vor allem ist diese Strom Produktion sehr viel verlässlicher, als bei den uns bekannten Windrädern. Ist vielleicht der eine oder andere ja schon davon beeindruckt, wie riesig so ein Onshore -also an Land- Windrad ist, die Offshore Anlagen sind noch viel beeindruckender. Bei WeserWind werden nur die Unterteile, also das was im Wasser steht, gefertigt. Wie gigantisch groß die fertige Anlage sein muss, lässt sich aber erahnen, sieht man alleine die Abmasse des Unterteils.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ok, so richtig erkennen, kann man die unglaubliche Größe dieser Bauteile auf den Fotos vielleicht nicht…

Die Erklärung von Dirk Kassen (WeserWind Geschäftsführer), dass bevor der Fahrstuhl am Gerüst eingebaut wurde, die Schweißer die oben am Turm gearbeitet haben, eine volle Stunde unterwegs waren, wenn sie nur mal kurz zum WC wollten, lässt da sicher erahnen, was nicht direkt zu erkennen ist. Mit Fahrstuhl dauert´s übrigens immer noch eine halbe Stunde, wer also oben schweißt sollte sehr rechtzeitig wissen, wann er muss 😉

Im Anschluss dann ein Hintergrund Gespräch

Nach der beeindruckenden Betriebsführung ging es dann zum Eurogate Container Terminal, wo wir zu einem Gespräch mit Peter van Hüllen (Geschäftsführer Georgsmarienhütte) und Jörg Kuhbier (Vorstandsvorsitzender der Stiftung Offshore Windenergie) geladen waren. Peter van Hüllen fand dann auch gleich sehr klare Worte zu der aktuellen Energie Politik der Bundesregierung. „Heute Hüh Morgen Hott, wenn hier nicht endlich klare Rahmen geschaffen werden, bauen wir mit WeserWind unser eigenes Groschengrab“ Der Strompreis steigt, mit dem Abschalten der Atomkraftwerke. Schmerzt das den privaten Verbraucher bereits, so kann sich das für die große Industrie vernichtend auswirken. Soweit ist seine Wut natürlich nachvollziehbar. „Ohne Strom, kein Stahl, ohne Stahl, kein Wohlstand, ohne Wohlstand -so wie die Menschen ihn in Deutschland bisher gewohnt sind- geht es über lang oder kurz unserer Demokratie an den Kragen“ so die Formel, mit der van Hüllen alles auf den Punkt brachte.  Jörg Kuhbier reagierte darauf zunächst etwas gegenteilig, denn für ihn findet sich der Ursprung allen Ärgers im Zusammenhang mit der Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen, beim Netzausbau. „Seit 1990 wurden die Netze kontinuierlich abgebaut. So kommt es, dass wir zwar durch die Windenergie genug Strom produzieren, diesen aber nicht zum Verbraucher bringen können. In den vergangenen Jahren wurde erst wieder mit dem Ausbau der Netze begonnen und bis heute sind wir gerade mal wieder auf dem Stand von 1990 angelangt.“ so Kuhbier. Seine Lösungsangebote für diese Probleme, umgehender Netzausbau zur Not dann auf Finanzierung durch die kfw Bank. Klaus Wedemeier setzt dort noch einen drauf, in dem er fordert, die Netze wieder zu verstaatlichen. Tatsächlich hat sich ja in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es eben nicht funktioniert, eine derart wichtige Versorgungsleistung in private Hände zu geben. Nun sind weder Jörg Kuhbier noch Klaus Wedemeier verdächtig, so weit links in der SPD zu stehen, dass sie bei jeder Gelegenheit „Verstaatlichung“ rufen. In diesem Punkt sehe ich aber auch, dass es anders gar nicht gehen kann, unsere Energieversorgung vernünftig zu sichern. Kuhbier prangerte dann aber auch an, dass die „Unglaubliche Trägheit der Politik“ eine Situation geschaffen hat, die jetzt und sofort verändert werden muss. Der Weg die Netze zu verstaatlichen würde also wieder enorm Zeit verschlingen, die wir nicht haben. So oder so bleiben die Kosten im Ergebnis immer beim Strom Kunden und zwar beim kleinen Verbraucher, denn der Industrie kann man die Subventionen nicht streichen, ohne zu riskieren, diejenigen zu vernichten, die uns durch die Krisenzeiten hindurch gerettet haben. Ja, tatsächlich ist Deutschland so glimpflich davon gekommen, weil wir starke Industrieunternehmen haben. Schaut man auf die Britische Insel, auf der es keine Industrie mehr gibt, wird klar, wie wichtig unsere Industrie für Deutschland ist.

Wie sieht also der richtige Weg aus?

Klare Rahmenbedingungen durch die Politik! Zügiger Netzausbau, durch die kfw Bank finanziert. Die Industrie muss sich darauf verlassen können, dass politische Entscheidungen nicht mit jeder Neuwahl umgestoßen werden. Verlässlichkeit war auch die deutlichste Forderung aller Industrievertreter am Tisch. Das Kosten entstehen und eben auch steigende Kosten für Energie zu erwarten sind, dass ist jedem klar. Große Konzerne müssen aber auf Jahre planen können und das geht eben nur, wenn die Rahmenbedingungen auf Jahre sicher fest stehen. Dann können auch höhere Kosten verkraftet werden. Die anwesenden Politiker haben also deutliche Handlungsaufträge in ihre Bücher notiert bekommen. Ob diese dann auch umgesetzt werden können, wird sich zeigen, spätestens im September 2013, wenn die Deutschen Wähler entscheiden, wer die Regierungsverantwortung übernimmt. Diejenigen, die über Jahre das Thema Engieversorgung verpennt haben, oder diejenigen die vor Umsetzung aller Vorhaben in diesem Thema abgewählt wurden?

Transparente Kommunalpolitik überfordert die Bürger?

Es könnte doch so einfach sein, in einer rund 13.000 Einwohner zählenden Gemeinde Ratsarbeit im Sinne der Mehrheit aller Bürger zu machen. Das Internet bietet schließlich alle Möglichkeiten, die es braucht, auch die Menschen zu erreichen, die nicht täglich ins Rathaus laufen, um sich an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen… KÖNNTE! Wenn es denn gewollt wäre alle Bürger ein zu beziehen…

Tatsächlich ist es aber so, dass es in unserer kleinen Gemeinde Scheeßel so gar nicht gewollt ist, die Bürger in Entscheidungsprozesse mit ein zu beziehen. Schlimmer noch… Selbst die Ratsleute, die nicht in der Mehrheitsfraktion sind, werden aus mancher Entscheidung einfach herausgehalten. Da werden Beschlussvorlagen, die Basis auf der die gewählten Volksvertreter Entscheidungen treffen, so spät zugestellt, dass es kaum möglich ist, sich fundiert mit dem anstehenden Thema zu befassen. Nun sind wir ja in so einem Gemeindeparlament alles nur „Hobbypolitiker“ die ehrenamtlich, neben der normalen Arbeit, Politik machen. So kommt es auch, dass meist Rentner und Beamte in den Kommunalparlamenten sitzen, denn wer von morgens 7:00 Uhr bis abends 19:00 Uhr für den normalen Broterwerb unterwegs sein muss, der hat ja gar keine Zeit für Ratsarbeit. Gerade in unserer Gemeinde ist das besonders dadurch ausgeprägt, dass wir hier in erster Linie „Wohnort“ sind. Das heißt, die meisten Arbeitnehmer hier im Ort, pendeln zwischen Hamburg, Bremen oder sogar Hannover und Scheeßel hin und her. Selbst wer also schon um 17:00 Uhr Feierabend hat, muss immer noch wenigstens eine Stunde Fahrt hinter sich bringen um Zuhause anzukommen. Sitzungen in unserem Rathaus fangen aber oft genug bereits um 16:00, 17:00 oder spätestens 19:30 Uhr an. Der pendelnde Arbeitnehmer hat also schon einmal gar keine Zeit, sich an der politischen Entscheidungsfindung in unserer Gemeinde zu beteiligen. Die einzige Chance, hier ein bisschen Informationen zu bekommen, ist die Tageszeitung, die im Anschluss an die öffentlichen Sitzungen berichtet, was beschlossen wurde. Im Internet, dem Medium auf das alle zugreifen können, wenn sie gerade Zeit dafür haben, steht nichts.

Kommunale Entscheider müssen sich um viele grundverschiedene Themen kümmern. Das Spektrum reicht von Kindergärten bis Straßenbau, von Bauvorschriften bis Betreuungszeiten und vor allem dreht es sich immer darum, wie mit den Steuern der Bürger sinnvoll umgegangen wird, so dass auch alle etwas davon haben… So sollte es zumindest sein. Die „großen“ Politiker auf Landes- und Bundesebene haben dafür ja Berater und Mitarbeiter, die Hintergrundinformationen beschaffen und bei wirklich komplizierten Sachverhalten die zur Entscheidungsfindung nötigen Kompetenzen beitragen. In einem kleinen Kommunalparlament sind die Ratsleute darauf angewiesen, diese Fachinformationen selber zu suchen bzw. bei Fachleuten zu erfragen. Es ist also wichtig, die zur Entscheidung anstehenden Themen und Inhalte rechtzeitig zu erfahren, um eben diese Informationen einholen zu können. Wenn also die Vorlagen, aus denen wir überhaupt erst erfahren, welche Themen anstehen, erst auf den letzten Drücker, den Ratsleuten vorliegen, bleibt keine Zeit, sich korrekt vorzubereiten.

Noch schlimmer ist es da, dass Bürger, die eventuell durch diese Entscheidungen betroffen sein könnten, erst dann über bestimmte Sachverhalte informiert werden, wenn dieses Thema in einer öffentlichen Sitzung diskutiert wird. Der Termin für diese öffentlichen Sitzungen erscheint meist kurzfristig in der Tageszeitung und der Bürger kommt dann ins Rathaus, um den Diskussionsverlauf zu verfolgen, kann aber überhaupt nicht mitreden. Es gibt zwar die Möglichkeit Fragen zu stellen, aber dies findet ganz am Anfang der Sitzung statt und zu diesem Zeitpunkt wissen die Menschen, die sich im Rathaus eingefunden haben meist noch gar nicht, was genau denn im Laufe der Sitzung diskutiert werden soll. Egal was also im Rat der Gemeinde Scheeßel entschieden wird, es wird von einigen gewählten Vertretern entschieden. Den meisten Scheeßelern ist da das Wählen schon vor vielen Jahren vergangen. Der immer wieder gehörte Satz:“ Die machen doch eh nur was sie wollen“ trifft hier leider deutlich ins „Schwarze“… Tatsächlich gehen hier nur noch die konservativen Wähler zur Urne, was zur Folge hat, dass aktuell 19 CDU Ratsleute gegenüber einer 12 Mann/Frau „starken“ Opposition sitzen. Diese extremen Mehrheitsverhältnisse werden noch verschärft, durch eine hauptamtliche Bürgermeisterin, die (ebenfalls CDU natürlich) mehr Politikerin ist, als Verwaltungschefin. Was in unserer Verwaltung entschieden wird, ist also oft klar von Parteipolitik geprägt, was in einer Kommune ja so gar nicht vorkommen dürfte. Die Politikverdrossenheit bei uns am Ort wächst also unaufhaltsam weiter.

Um jetzt den Bürgern die Möglichkeit zu geben, an diesen Entscheidungsfindungen im Rat mit zu wirken, haben wir als SPD Fraktion bereits vor mehr als 2 Jahren den Antrag gestellt, einen Bürgerinformationsbereich auf der gemeindeeigenen Internet Präsenz einzurichten, in dem eben diese oben erwähnten Informationsvorlagen öffentlich einsehbar sein sollten. Auch Sitzungsprotokolle und andere Unterlagen, die den Bürger in die Lage versetzen könnten, die Entscheidungsfindung nach zu vollziehen bzw. in Themen die sie betreffen auch eingreifen zu können. Wir sind der Meinung, dass unsere „Auftraggeber“ also die Bürger, doch durchaus in der Lage sind, zu beurteilen, was sie selber wollen. Vor allem, scheint vieles schlicht einfacher zu entscheiden, wenn die Themen relevanten Informationen vorab von Menschen beurteilt werden, die von dem jeweiligen Sachgebiet auch etwas verstehen.  Dieser Antrag ist damals aber solange in die unterschiedlichsten Gremien verwiesen worden, dass bis heute darüber nie entschieden wurde. Deshalb haben wir eben diesen Antrag noch einmal gestellt…

Inzwischen haben einige Bürger unserer hübschen Gemeinde begonnen, eben diese Informationen einzufordern und ein besonders engagierter Mitbürger hat auf seiner Internetseite eine Art Infoservice gestartet, in dem er an jeder öffentlichen Sitzung im Rathaus teilnimmt und alles was da diskutiert wird genau mitschreibt. Dieser engagierte Bürger wurde allerdings von Seiten unserer Verwaltungschefin abgemahnt. Nein, natürlich nicht dafür, dass die CDU oder die Bürgermeisterin in seinen Berichten nicht gerade positiv dargestellt werden, sondern weil er eine Domain nutzt, die unsere Verwaltung plötzlich für sich beansprucht und vor allem weil er (und das ist leider tatsächlich rechtswidrig), Inhalte der offiziellen Scheeßel.de Seite in seine eigene hinein kopiert. Es entsteht also stellenweise der Eindruck, diese Seite sei die offizielle Gemeindeseite und da hat die Gemeinde eben nicht nur das Recht auf ihrer Seite, sondern wir als Ratsleute auch die Pflicht, diesen Rechtsanspruch mit einzufordern. Mir persönlich geht das natürlich ganz gewaltig gegen den Strich… Wenn jetzt aber die Informationen die dieser engagierte Bürger dort zur Verfügung stellt, von vorn herein auf der offiziellen Scheeßel.de Seite stehen würde, hätte er ja gar keine Veranlassung mehr, selber aktiv zu werden. Dies war auch unser Argument, unseren Antrag zu erneuern. Das hat dann wohl auch unsere Bürgermeisterin so gesehen, denn eine Woche nachdem unser Antrag (zum nachlesen bei Mr. Wong) im Rathaus eingegangen ist, entstand eine eigene Beschlussvorlage der Verwaltung. In dieser Vorlage wird angeboten, man könne die Sitzungstermine, Einladungen zur Sitzung und genehmigte Protokolle auf der Seite veröffentlichen. In der mehrere Seiten langen Erklärung steht dann, dass (mit meinen Worten interpretiert) den Bürgern der Gemeinde Scheeßel nicht zugetraut wird, weitere Informationen zu Themen die im Rat entschieden werden, zu verstehen. Auch wird auf die Gefahr hingewiesen, dass es ja ungeahnte Folgen haben kann, wenn Informationen ins WWW gestellt würden, schließlich kann dann ja die ganze Welt lesen, was wir in Scheeßel so beschließen… Es wird dann auch noch darauf hingewiesen, dass ja Google Street View und Wikileaks aktuell zeigen, wie „gefährlich“ es ist, Informationen über das Internet zu veröffentlichen… Ok, als Blogleser werdet ihr jetzt wahrscheinlich an dieser Stelle eine kleine Pause brauchen um die Lachtränen zu trocknen 😉 Wir müssen uns aber tatsächlich, ernsthaft und sachlich mit derartigen „Argumenten“ auseinander setzen…

In der ersten (nichtöffentlichen) Diskussion zu diesen beiden Anträgen, fielen Äußerungen, die ich leider (da nichtöffentliche Sitzung) hier nicht wieder geben darf. Ich für meinen Teil bin aber wirklich entsetzt darüber, wie CDU Kommunalpolitiker (zumindest hier vor Ort) ihren Auftrag als gewählte Ratsherren verstehen. Es bleibt spannend, wie denn dieses Thema in öffentlicher Sitzung besprochen wird, denn dann sitzen hoffentlich die Bürger im Ratssaal, denen diese Informationen vorenthalten werden, aktuell mit der Begründung sie könnten diese Informationen ja sowieso nicht verstehen… Wen´s interessiert, am 16.12.2010 findet diese öffentliche Ratssitzung ab 19:30 Uhr im Rathaus Scheeßel statt.