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Mal echt was los in Niedersachsen

Spannend, was es doch für Zufälle gibt, im ländlichsten aller alten Bundesländer…

Da macht die SPD auf sich aufmerksam, weil Landesvorsitzender und Fraktionschef ihre Ämter zur Verfügung stellen. Die SPD in Niedersachsen legt einen Neustart hin, in dem sie klar zeigt: „Wir haben verstanden“ Da sind Fehler gemacht worden!…was in der Politik zwangsläufig passiert, denn für viele grundverschiedene Menschen entscheiden, heißt für manche falsch entscheiden. Fehler machen natürlich auch die Anderen. Das die ihre Fehler nicht so eingestehen wie die Sozis, macht es ja nicht richtiger, die öffentliche Wahrnehmung ist halt nur eine andere.

Aber zurück zum Thema. Dieses „Wir haben verstanden“ galt in erster Linie mal den eigenen Genossen, denn die waren ob der dramatischen Wahlschlappen der letzten Jahre schon recht mürrisch. Sie waren aber auch verwöhnt, schließlich kam der letzte sozialdemokratische Kanzler aus Niedersachsen, der Kanzlerkandidat ebenfalls und auch sonst hatten die Genossen hier ein ordentliches Wörtchen in der Bundespolitik mit zu reden. Genau das ist es aber auch, was hierzulande so schmerzte. Bei all den Wahldebakeln der letzten Jahre, hat´s die niedersächsische SPD einfach am härtesten getroffen (vielleicht nur gefühlt?) Sei´s drum, Reboot tut gut. Wenn die Maschine nicht mehr rund läuft und der Fehler nicht so deutlich zu lokalisieren ist, dass man ihn separat beseitigen kann, dann muss das eben ein Neustart tun. Den Anfang machte Garrelt Duin, in dem er ankündigte, nicht wieder als Landesvorsitzender anzutreten. Ich persönlich fand es zwar schade, hatte ich doch bei ihm nicht die Fehlerquelle gesehen, aber ok… Neustart heißt neu starten, da muss dann wer den Anfang machen. Statt aber nun, wie bisher üblich, hinter verschlossenen Türen schnell mal einen neuen Vorsitzenden zu präsentieren, haben die Genossen im Land die Basis Demokratie wieder entdeckt. In 10 Regionalkonferenzen konnten wir uns ein eigenes Bild machen, von den Kandidaten um den Landesvorsitz. Wie sehr die Sozis in Niedersachsen diese Art der Mitbestimmung in Parteifragen vermisst haben, zeigte sich an der enormen Beteiligung. Jede der Konferenzen war weit höher besucht, als erwartet. Ich selber war in Verden dabei und es ging mir wirklich ein Schauer über den Rücken, als mehrere Stuhlreihen zusätzlich nötig waren, um alle angereisten Genossen unterzubringen. Das haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Die drei Kandidaten haben sich vorgestellt und sind offen in die Diskussion eingestiegen. Das beste, meinem Eindruck nach, die drei waren keine Konkurrenten, sondern gaben ein sehr stimmiges Bild ab. Da war Monika Griefahn, die Frau in der Runde, die mit Sicherheit nicht als Quotenfrau angetreten ist, sondern auch inhaltlich in vielen Punkten klare Unterscheidungsmerkmale zu den Mitbewerbern mit gebracht hat.  Stefan Schostok (MdL) der sagt:“ Es braucht eine starke SPD, die zeigt: Politik gestalten wird Freude machen und Erfolg bringen! Das muss sozialdemokratisches Lebensgefühl sein.“ Olaf Lies (MdL) für den eine enge Verzahnung der politischen Ebenen und die Teilhabe bei der politischen Arbeit innerhalb der SPD als wichtige Schlüssel zukünftiger Erfolge gelten. Alle drei erfahrene Politiker, die in ihren Fachthemen sowohl in der Partei als auch in ihrer politischen Arbeit mit Kompetenz überzeugt haben. Jeder eben auf seine Art. Die Abstimmungen der einzelnen Konferenzen haben gezeigt, dass Monika zwar sehr beliebt, aber als Landesvorsitzende nicht gewollt ist. Die Entscheidung zwischen Olaf und Stefan war dafür um so knapper.

Mitten rein in diesen „Vorsitzenden Findungsprozess“ kam dann die Mitteilung von Wolfgang Jüttner, dass er seinen Fraktionsvorsitz abgeben wird. Auch das eine nachvollziehbare Entscheidung, ist schließlich der Fraktionsvorsitz ebenso neu zu besetzen, wenn alles erneuert wird. So wird es also sicherlich sehr von Vorteil sein, dass Olaf Lies und Stefan Schostok sich bei den Sozialdemokraten im Lande, bekannt gemacht haben. Vor allem, dass sie sich bereits als wirklich gutes Team gezeigt haben. Denn inzwischen scheint sicher, dass sich beide zukünftig als Vorsitzende wieder finden, der eine in der Fraktion, der andere in der Partei. Mir gefällt´s und wie ich von einigen Genossen gehört habe, auch den anderen Sozis im Land.

Schön, die SPD hat also eine hohe mediale Präsenz in Niedersachsen und das auch noch vorwiegend positiv!

Was anscheinend den Herrn Wulf, seines Zeichens Ministerpräsident in Niedersachsen, nicht so recht war. Denn während die SPD so in ihrem Umgestaltungsprozess  für positive Schlagzeilen sorgt, fällt dem Herrn Wulf „zufällig“ ein, er könne doch auch mal so ein bisschen Umgestalten. Kurzerhand werden 4 Minister in den vorzeitigen Ruhestand entlassen (kostet das Land ein kleines Vermögen, aber wir ham´s ja, oder Herr Wulf?) und durch frische, weniger „blasse Gesichter“ ersetzt. Wie wenig blass die neuen Gesichter sind, zeigt sich auch schon vor Amtsantritt. Die angehende Sozialministerin erobert Ruck Zuck sämtliche Titelseiten mit ihrer Äußerung zum Thema Kruzifix in Klassenzimmern. Der Herr Ministerpräsident pfeift „Die Kleine“ schnell zurück und die Gazetten grinsen sich eins 😉

Mich amüsiert es wirklich, zu beobachten, wie manche Menschen (besonders in der Politik) Medienpräsenz als Qualitätsmerkmal betrachten, unabhängig vom Inhalt. Meinetwegen kann es aber gerne so weiter gehen, wie aktuell… Die SPD kümmert sich aktiv um schnelle Basis-demokratische Neuaufstellung, um dann zügig wieder politische Inhalte zu bearbeiten und die CDU macht Spektakel dass inzwischen selbst von erzkonservativen Niedersachsen als „dumm Tüch“ (dummes Zeug) bezeichnet wird.

Liegt die Lösung wirklich links?

Gestern war der Tag der deutschen Einheit. 20 Jahre…Bis vor 20 Jahren waren wir Sozialdemokraten die, die sich am weitesten links bewegt haben. Bis vor 20 Jahren war der Schritt zum Sozialismus, zum Kommunismus und zur sozialistischen Gleichmacherei und Planwirtschaft durch eine Mauer mit Todesstreifen und Nachrichtensperren von uns getrennt. Mit dem Fall der Mauer ist auch die Grenze in den Köpfen gefallen, die Sozialismus und Kommunismus verdammt haben. In ganz Europa ist inzwischen immer wieder zu hören und in Wahlergebnissen zu sehen, dass der Zusammenbruch des Kommunismus bei den Menschen ein Umdenken ausgelöst hat. Der Kapitalismus hat überlebt und auch die größte Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit scheint daran nicht wirklich etwas zu ändern. Auf der Strecke bleiben dabei die, die immer daran geglaubt haben, dass Sozialismus funktioniert.
Das heute links neben der SPD eine Partei angesiedelt und inzwischen wohl auch weitgehend etabliert ist, liegt nicht daran, dass die SPD nicht weit genug links ist, sondern daran, dass mit dem Zusammenbruch von Kommunismus und DDR eine große Masse Menschen in unser System gekommen ist, für die Sozialismus eine Selbstverständlichkeit war. Menschen die in unserem System nicht klar kommen und die gar nicht verstehen wollen, warum wir das verteufeln was für sie doch 40 Jahre lang weit gehen gut war.
Mir scheint, unsere SPD Führungsriege muss endlich anfangen auch die anderen Blickwinkel einzunehmen, denn nur was man versteht kann man beantworten. Die wahlberechtigten Bürger dieser Republik sind eben seit 20 Jahren auch ehemalige DDR Bürger und für die ist soziale Demokratie eben nicht sozial genug.
Ich selber will nicht mit der Linkspartei konkurrieren müssen. Ich wünsche mir, dass wir uns als Sozialdemokraten das Vertrauen derer zurück gewinnen, die gar nicht mehr wählen gehen, weil sie sich durch gar keine Partei mehr vertreten sehen und das sind keine Linken.

Dieser Beitrag ist aus meinem Kommentar zu Nico Lumas Blog „Der überflüssige Tabubruch“ entstanden

Tja…und nu?

Natürlich war es der Supergau für die alte Tante SPD, was da am Sonntag um 18:03 Uhr auf den Bildschirmen aller Sender zu sehen war. Selbstverständlich muss nach dem schlechtesten Wahlergebnis der Nachkriegszeit gehandelt werden. Aber!!! Warum um alles in der Welt muss ich als Sozialdemokratin alle halbe Stunde, neue Meldungen mit alten Namen lesen. Seit Jahren steuert unser SPD Dampfer durch kappelige See. Hier in Niedersachsen hat es nach der bösen Schlappe im Januar 2008, ein in den Medien groß gefeiertes Hauen und Stechen um „plötzlich“ vakant geglaubte Führungspositionen gegeben. Wirklich verändert hat sich allerdings nichts, es sind nur einige Leicht-verwundete am Wegessrand liegen geblieben. Manche Genossen schauen sich halt nur noch schräg an, weil sie sich im ersten Aktionismus nach der Wahl Dinge gesagt haben, die tief sitzen und Vertrauen unmöglich gemacht haben.

Heute, Tag 2 nach dem Fiasko, das doch seit langem absehbar war, passiert das Gleiche wieder. Wieder wird der Posten Pocker schnell und hart durchgezogen. Wieder werden Köpfe gefordert, aber nicht zum Führen sondern um zu rollen. Man will Blut sehen und die Genossen haben nichts besseres zu tun, als in wilder Hektik auf alle und jeden zu schimpfen, die als vermeintlich Schuldige auserkoren sind. Nichts mit Zeit nehmen, in Ruhe durch atmen und sich von dem Schock erholen. Kein wirkliches darüber Nachdenken wie ein Neuanfang aussehen muss um zu funktionieren. Nirgendwo die Frage an die Sozis im Basislager… Dabei ist es doch heute wirklich einfach, da mal nach zu fragen. Haben wir doch all die schönen neuen 2.0 Tools im Laufe des Wahlkampfes eingerichtet. Aber nein, natürlich wird davon auch jetzt kein Gebrauch gemacht, ist doch all das Social Media Zeugs im Wahlkampf nur für das Herausrufen von Botschaften genutzt worden, statt zum echten Dialog 2.0. Wenn es um Veränderung und Neustrukturierung innerhalb einer SPD geht, da bleibt man doch lieber unter sich, da stören diese ganzen Möchtegernmitsnaker im Internet ja auch nur.

In diesen neuen Bundestag ziehen viele fähige, junge Abgeordnete ein, die sich besonders in den letzten Monaten sehr viel mit ihren Genossen vor Ort auseinander setzen mussten. Die haben einige wertvolle Informationen mit nach Berlin genommen, was sich die Basis von der Bundespartei wünscht. Doch noch bevor alle in Berlin angekommen waren, war gestern das große Posten schieben und reißen schon in Gange.

Was soll denn das für ein Neuanfang werden, wenn die Neuen da gar nicht mit reden dürfen? Ich lese nur die Namen, die seit Jahren bei jedem Posten Poker auftauchen. Für einen Neuanfang müssen auch neue Köpfe nach vorne und das bedeutet nicht, dass die alten Köpfe mit brutaler Gewalt abgeschlagen werden, wir sind doch hier nicht im Mittelalter…oder? Nico Luma hat dazu auch sehr deutliche Worte gefunden: Neustart mit angezogener Handbremse lesenswert.