Archiv für den Monat: April 2011

Rot/Grüne Hörschwäche und andere Neuigkeiten aus dem Rathaus zu Scheeßel

Ja, von einer Rot/Grünen Sehschwäche hat jeder von uns schon einmal gehört, in Scheeßel gibt es aber neuerdings die Rot/Grüne Hörschwäche und erfunden wurde sie, weil scheinbar jemand Schwarz gesehen hat.

Doch zuerst einmal die positiven Neuigkeiten. Scheeßel hat jetzt einen Bürgerinformationsdienst auf der offiziellen scheessel.de Seite. Nachdem die SPD Anträge zur Einrichtung eines Bürgerinformationsservices, nun mehrere Jahre aufgeschoben und dann abgelehnt wurden, freut es uns natürlich ganz besonders, dass dieser Dienst für die Bürger, doch eingerichtet ist. Sicherlich ist das Angebot noch ausbaufähig, doch nach dem zähen Ringen um diesen Anfang, sind jetzt die Bürger erst einmal am Zuge zu zeigen, dass es sie tatsächlich interessiert, was so alles im Rathaus diskutiert und beschlossen wird. Wir freuen uns darauf, zukünftig auch einmal ungewohnte Gesichter in den Zuschauerreihen zu entdecken und stehen natürlich auch im Vorfeld zu den Sitzungen gerne Rede und Antwort zu den Inhalten der angekündigten Sitzungen.

Nach dieser erfreulichen Präsentation der neuen Webpräsenz, verlief die Ratssitzung am vergangenen Donnerstag allerdings nicht so harmonisch wie der Start hätte erwarten lassen. Das unsere Haupt- und Realschule zukünftig zur Oberschule „um-firmiert“, dieser Entscheidung musste, wenn auch Zähne knirschend, zugestimmt werden. Die Niedersächsische Landesregierung bzw. der Kultusminister haben sich nun einmal auf die Fahne geschrieben, Gesamtschulen zu verhindern wo es nur geht. Das es aber gut ist für die Schüler so lange wie möglich gemeinsam zu lernen, dass musste auch der Herr Kultusminister zugeben. So kommt es also, dass die Trennung von Haupt- und Realschülern erst nach der achten Klasse statt findet und wir als Sozialdemokraten freundlich der Wiedereinführung der, durch CDU und FDP in Niedersachsen abgeschafften Orientierungsstufe, zustimmen „dürfen“.

Hatte sich der Fraktionsvorsitzende der Mehrheitsfraktion schon bei dem Thema Oberschule recht weit aus dem Rahmen guten Benehmens, mit unangemessenen Zwischenrufen und Kommentaren, heraus gewagt, beim anschließenden Thema hat er ihn dann vollständig verlassen.

Ein grüner Ratskollege erklärte sich sehr besorgt, da sechs alte Bäume in unserem Rathauspark gefällt werden sollen. Er hat uns diese Sorge auch sehr genau und sachlich begründet, in seiner gelassenen Art hat er zum Beispiel darauf hingewiesen, dass der Gutachter, der diese Bäume für tot und zu einer Gefahr erklärt hat, bereits vor 4 Jahren schon einmal sein Gutachten (damals ging es um einen alten Baumbestand in unserer Kreisstadt) korrigieren musste. Auch die Tatsache, dass weder unser Förster, der sonst in all diesen Fragen zuerst gefragt wird, als auch die Naturschutzbehörde, noch nicht einmal die Kirche von der die Gemeinde das Grundstück gepachtet hat, umfassend informiert wurden, sondern in großer Eile die Abholzung stattfinden sollte, hat er uns sehr unaufgeregt erläutert.  Ich musste mich allerdings sehr anstrengen, seinen Ausführungen zu lauschen, denn neben mir sitzt eben jener Fraktionsvorsitzende der CDU und der hat die ganze Zeit mit allen möglichen Geräuschen genervt. Erst war´s ja nur der Kugelschreiber der zunehmend hektischer geklickt wurde, dann ein Murren und Knurren und als sich auch damit der Redner nicht aus der Ruhe bringen lies, entfuhr ihm: „Der ist doch völlig bescheuert!“ Selbst seine Fraktionskollegen die um ihn herum saßen, waren sichtlich erschrocken über diese Entgleisung. Im Laufe der Legislaturperiode hatte ich mich mehrfach dazu geäußert, dass Bürgermeisterin und Mehrheitsfraktion zu oft die Regeln guten Benehmens vernachlässigen, mit ihren unangemessenen Zwischenrufen. Auch in dieser Sitzung hatte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, die Mitglieder der Mehrheitsfraktion dazu aufgefordert, ruhig zu sein, wenn auf Seiten der Opposition jemand das Wort hat. Wir sind da also in diesem Ratssaal schon einigen Kummer gewohnt. Die Mehrheitsfraktion hatte ja auch bisher überhaupt keinen Grund, sich darüber Gedanken zu machen, was denn die Menschen in Scheeßel so von ihrem schlechten Benehmen im Ratsaal halten könnten, denn bisher haben ja die meisten Scheeßeler davon nichts mit bekommen. Zukünftig stehen aber im neuen Bürgerinfodienst die Protokolle der Sitzungen und jeder interessierte Bürger kann dort nach lesen, was denn so von der Protokollantin aufgeschrieben wurde. Also habe ich mit der Bitte dies zu Protokoll zu nehmen, noch einmal darauf hingewiesen, dass es nun endgültig zu weit geht, wenn ein Ratsherr während seiner Ausführungen vom Fraktionsvorsitzenden der CDU als bescheuert bezeichnet wird. Somit erscheint also diese Entgleisung später im Protokoll und damit auch im Internet. Dies schien auch dem Kollegen aufgefallen zu sein, denn er gab darauf hin zu Protokoll, ich hätte mich verhört. Ok, wäre ja soweit noch recht unlustig, allerdings hatten meine SPD Fraktionskollegen diesen Spruch ebenso deutlich gehört, wie auch die Kollegen der Grünen Fraktion, was uns also jetzt zu der neuen Art einer rot/grün Störung bringt, denn mit dieser Sitzung wurde im Rathaus zu Scheeßel die Rot/Grüne Hörschwäche erfunden 😉

Übrigens die Abholzung der Bäume ist inzwischen tatsächlich aufgeschoben, denn dass der Ratsherr der Grünen gar nicht so bescheuert sein kann, wie der Herr Mehrheitsfraktionschef meint, zeigt die Tatsache, dass auch von fachlich kompetenter Seite Zweifel an dem Gutachten geäußert wurden. Ich selber bin ja nicht so die Naturfreundin und habe mich deshalb auch aus der Sache raus gehalten, aber die Tatsache, dass sechs wirklich alte, optisch schöne Bäume abgeholzt werden sollen, besonders weil diese Bäume zufällig genau dort stehen, wo nach den Plänen der Bürgermeisterin ein lichter Weg entstehen soll, dass lässt mich doch „hellhörig“ werden (nicht nur für unangemessene Äußerungen meines Sitznachbarn ;o)

Update 20.04.2011

Das in Sachen Rathauspark und angeblich verkehrsgefährdender Bäume etwas nicht ganz koscher ist, scheint sich zu bestätigen. Wurde gestern früh noch durch die Kreiszeitung berichtet, dass die Bäume vorerst nicht abgeholzt werden „Bleibt den Bäumen eine Chance?“ Lagen diese Hölzer bereits abends auf dem Transporter. Sowohl der örtliche Förster, als auch anwesende Ratspolitiker der Grünen konnten an einzelnen Bäumen auch nach dem abholzen keine Krankheiten erkennen… Wie oben bereits geschrieben, ich habe weder Ahnung von diesen Natur nahen Themen, noch gehöre ich zu den „Umarme einen Baum Aktivisten“, was mich eben einfach so sehr aufregt bei diesem Thema, ist der Umgang mit den Bürgern hier im Ort. Da gibt es Menschen, die haben Ahnung und denen liegt der Erhalt alten Baumbestandes eben wirklich am Herzen und statt diesen Menschen zuzuhören bzw. deren Sorgen ernst zu nehmen, werden die Ratsvertreter dieser Bürger als bescheuert beschimpft. Bevor dann wirklich geklärt werden kann, ob die Sorge dieser Bürger vielleicht doch gerechtfertigt ist, werden schnell mal Tatsachen geschaffen… und nachher sollen dann wieder alle Ratsleute die Verantwortung für diese Art der Politik übernehmen, wir -die Oppositionsfraktionen im scheeßeler Gemeinderat- distanzieren uns aber klar von solchen Machenschaften! Daran etwas ändern können wir aber zur Zeit noch nicht, dazu braucht es andere Mehrheitsverhältnisse im Rat und viel mehr interessierte, engagierte Bürger.

Politik und Social Media oder „was zu beweisen wäre“

Gerade wenn es „wahlkampft“, sind ja alle auf der Suche nach dem besten Weg, zu hoher Medienpräsenz. Pressegespräche und Mitteilungen sind eine Möglichkeit, Aktionen und Veranstaltungen bei denen die Presse von sich aus berichtet eine weitere. Neuerdings entdecken aber ja auch viele Wahlkämpfer, dass dieses Internet eben auch ein interessantes Medium ist, bekannter zu werden. Besonders die „Causa Guttenberg“ hat aber gezeigt, dass es auch unangenehme Nebenwirkungen hat, wenn im Internet über Politiker diskutiert wird. Ja, es birgt Gefahren, wenn unkontrollierte Inhalte einfach so von „Jedermann“ veröffentlicht und verbreitet werden kann. Aber genau das ist es, warum jede politische Diskussion im „Social Web“ erheblich glaubwürdiger ist als jeder Pressebericht. Bevor nämlich ein sogenannter „Shitstorm“ funktioniert, muss eine im Netz verbreitete Behauptung beweisbar sein. Auch der Guttenberg Sturm hat erst richtig Fahrt  aufgenommen, nachdem die Vorwürfe mit nachvollziehbaren Beweisen belegt wurden.

Umgekehrt haben sich viele Gerüchte und Unterstellungen sehr schnell tot gelaufen. Da ist zum einen natürlich die Möglichkeit, schlicht selber als „Beschuldigter“ den Sachverhalt aufzuklären. Wenn es sich um eine Unwahrheit handelt, dann genügt es ja, dies richtig zu stellen. Selbst wenn an den Vorwürfen etwas dran ist, ist es besser sich auf die öffentliche Diskussion einzulassen, als schweigend darauf zu hoffen, dass es schon keiner beweisen wird. War zum Beispiel eine politische Entscheidung im Nachhinein falsch, dann reagieren die Menschen in den Social Medias meist sehr viel positiver auf jemanden, der transparent erklärt, wie es zu dieser Fehlentscheidung kam bzw. deutlich macht, dass ihm der Fehler bewusst ist und er ihn korrigieren wird, als auf diese platten Politfloskeln, die wir aktuell ja wieder zu Hauf lesen müssen.

Tatsächlich „Angst“ vor diesem neuen Medium müssen allerdings diejenigen haben, die selber nur über Intrigen weiter kommen und deren politischen Entscheidungen im Hinterzimmer entstehen. Das soziale am Social Media ist nämlich genau dieser Effekt des: „Wie man in den Wald ruft, so schalt es heraus“ Wer mit offenem Visier in den Wahlkampf zieht, wer den politischen Mitbewerber in der öffentlichen Diskussion „schlägt“, dem glauben die Menschen eben viel eher, als demjenigen, der mit unbewiesenen Behauptungen, Unterstellungen und Gerüchten agiert, ohne dem Angegriffenen die Chance zu geben sich zu wehren. Die Intrige hat in den Social Medias eben einfach keine Überlebenschance, denn sie funktioniert ja nur solange keiner ruft: „was zu beweisen wäre“